Keine Kündigung wegen Insolvenz nach Fortführungsanzeige des Insolvenzverwalters!

Das OLG Dresden hat in seinem Urteil vom 23.06.2023 (Az.: 22 U 2617/22) entschieden, dass eine Kündigung des Werkvertrages wegen Insolvenz des Werkunternehmers nach Vorliegen einer Fortführungsanzeige des Insolvenzverwalters ausscheidet.

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer vom Besteller ausgesprochenen Kündigung wegen Insolvenz des Werkunternehmers. Über das Vermögen des Werkunternehmers war vor Fertigstellung der vertraglich geschuldeten Leistungen das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser hat gegenüber dem Besteller die Fortführung angezeigt. Nach entsprechenden Gesprächen mit dem Insolvenzverwalter hat der Besteller sodann eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 648 a BGB, § 8 Abs. 2 Nummer 1 VOB/B ausgesprochen. Der Insolvenzverwalter vertritt die Auffassung, dass die Kündigung aus wichtigem Grund nicht statthaft war bzw. als ordentliche Kündigung auszulegen ist.

Entscheidung

Das OLG Dresden gibt dem Insolvenzverwalter Recht. Zwar ist bereits der Fall der Stellung eines (Eigen-)Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder eines vergleichbaren Verfahrens vom Anwendungsbereich der sogenannten „Kündigung wegen Vermögensverfalls“ nach § 8 Abs. 2 Nummer 1 VOB B gedeckt, jedoch ist dieses Kündigungsrecht wegen der (auch nur drohenden) Insolvenz des Werkunternehmers ausgeschlossen, da der (vorläufige) Insolvenzverwalter vor Ausspruch der Kündigung der weiteren Durchführung des Vertrages zugestimmt hatte. Im entschiedenen Fall kommt erschwerend hinzu, dass der Besteller mit dem Insolvenzverwalter Gespräche über die Fortführung des Vertragsverhältnisses geführt hat.

Praxishinweis

Ein Urteil, welches in den für die Baubranche bevorstehenden „schweren Zeiten“ zu beachten ist. Im Falle der Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und/oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist seitens des Bestellers unverzüglich die Kündigung zu erklären, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter durch eine entsprechende Fortsetzungsanzeige das Kündigungsrecht des Bestellers „aushebeln“ kann, was zu einer Behandlung der Kündigung als ordentliche Kündigung führt.

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Dr. Andreas Ott Rechtsanwalt ott@knauthe.com
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