Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass sog. Schonfristzahlungen nur fristlose, nicht jedoch ordentliche Kündigungen heilen können. Ein wichtiger Sieg für Vermieter.
I. Hintergrund zur Schonfristzahlung
Die Schonfristzahlung, geregelt in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, bietet Mietern die Möglichkeit, die Folgen eines Zahlungsrückstands zu mildern. Insbesondere können Mieter bei fristlosen Kündigungen den Mietrückstand innerhalb einer Schonfrist von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage ausgleichen, um eine Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung abzuwenden.
Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Heilungswirkung auch für ordentliche Kündigungen gilt, die Vermieter häufig hilfsweise aussprechen, wenn ein Mietrückstand vorliegt. Diese Frage sorgte in der Vergangenheit für Unsicherheiten, da das Landgericht Berlin II dies entgegen der Rechtsprechung des BGH und der Praxis in der übrigen Bundesrepublik unterschiedlich bewertete. Der BGH sah sich nun veranlasst, in seinem Urteil vom 23. Oktober 2024 (Az. VIII ZR 106/23) erneut klare Verhältnisse zu schaffen.
II. Die Entscheidung des BGH
Der BGH hebt in seinem Urteil hervor, dass Schonfristzahlungen keine Wirkung auf ordentliche Kündigungen haben. Im Fall hatten die Mieter Mietrückstände für drei Monate über einen längeren Zeitraum angesammelt. Die Vermieterin kündigte fristlos und hilfsweise ordentlich. Nachdem die Mieter den Rückstand innerhalb der Schonfrist ausgeglichen hatten, erklärte das Landgericht Berlin II auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Der BGH widersprach und hob das Urteil auf.
Der BGH begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
1. Klare gesetzliche Regelung: Der BGH verweist auf den eindeutigen Wortlaut von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Diese Norm regelt ausschließlich die Heilung der fristlosen Kündigung und lässt die ordentliche Kündigung unberührt. Die analoge Anwendung dieser Regelung auf ordentliche Kündigungen lehnte der Senat ab.
2. Gesetzgeberische Intention: Der Gesetzgeber hat bewusst entschieden, dass das Nachholrecht der Mieter nicht auf ordentliche Kündigungen ausgeweitet wird. Hierdurch soll das berechtigte Interesse des Vermieters, auf nachhaltige Vertragsverletzungen zu reagieren, geschützt werden.
3. Pflichtverletzung bleibt bestehen: Eine ordentliche Kündigung kann sich auch nach einem Ausgleich des Rückstands auf die ursprüngliche Pflichtverletzung stützen, wenn diese erheblich war. Dies ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, wobei Dauer und Höhe des Rückstands maßgeblich sind.
4. Rechtssicherheit: Der BGH betonte, dass die Rolle der Gerichte nicht darin bestehe, durch richterliche Rechtsfortbildung vom Gesetzgeber abgelehnte Änderungen einzuführen. Die Bindung an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG stehe dem entgegen. Der BGH rügt damit in ungewöhnlich deutlichen Worten die Rechtsprechungspraxis der Berufungskammer des Landgerichts Berlin II.
III. Fazit und Auswirkungen für Vermieter
Das Urteil ist im Ergebnis nicht überraschend, weil es die bisherige Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage bestätigt. Das Urteil stärkt die Rechte von Vermietern und sorgt für Klarheit im Umgang mit Mietrückständen. Vermieter können sich darauf verlassen, dass eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung auch nach einer Schonfristzahlung Bestand haben kann, sofern die Pflichtverletzung erheblich ist. Dies bietet Vermietern ein zusätzliches Instrument, sich gegen unzuverlässige Mieter zu schützen.
Praktische Hinweise für Vermieter:
1. Ordentliche Kündigung als Sicherheitsnetz: Vermieter sollten bei fristlosen Kündigungen stets auch hilfsweise ordentlich kündigen, um im Falle eines Ausgleichs der Rückstände durch den Mieter rechtlich abgesichert zu sein.
2. Dokumentation der Rückstände: Eine präzise Dokumentation von Mietrückständen und Mahnungen ist essenziell, um die Pflichtverletzung im Streitfall belegen zu können.
3. Vorsicht bei treuwidriger Kündigung: Auch nach diesem Urteil bleibt die Berufung auf eine Kündigung in Ausnahmefällen treuwidrig (§ 242 BGB), etwa bei geringfügigen Rückständen oder wenn der Mieter schnell nachweisbare Besserung zeigt.
Mit diesem Urteil hat der BGH die Rechte von Vermietern gestärkt, für mehr Rechtsklarheit auf dem Berliner Mietmarkt gesorgt und die Bedeutung der ordentlichen Kündigung in der Praxis hervorgehoben. Für Vermieter ist klar: Präzise Vorbereitung und rechtliche Beratung sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Durchsetzung ihrer Rechte. Das Urteil können Sie kostenfrei im Volltext hier abrufen: Urteil des VIII. Zivilsenats vom 23.10.2024 – VIII ZR 106/23 –