In Berlin wird die Einführung eines „Mietendeckels“ diskutiert. Fraglich ist jedoch bereits, ob dem Land Berlin überhaupt die Gesetzgebungskompetenz zusteht, ein solches Gesetz zu erlassen.
1. Die Einführung eines „Berliner Mietendeckels“
Wer in Berlin Wohnraum vermietet oder mietet, wird zwangsläufig mit einem der zahlreichen Regelungsinstrumente zum Schutz der Mieter in Berührung gekommen sein. Als prominente Vertreter sind hier das Zweckentfremdungsgesetz, die Mietpreisbremse, der Kündigungsschutz bei Umwandlungen in Eigentumswohnungen sowie das Vorkaufsrecht der Mieter/der Bezirke zu nennen. Teile der Berliner Politik fordern nunmehr als weiteren Baustein die Einführung eines „Berliner Mietendeckels“, der die bestehenden Mieten für Wohnungen in Berlin zu einem bestimmten Stichtag „einfrieren“ soll.
Ausweislich eines Vorschlagspapiers der Berliner SPD soll dieser Mietendeckel öffentlich-rechtlich ausgestaltet werden. Konkret wird in dem Vorschlagspapier eine Regelung zur Deckelung von Mieten für bezugsfertige Wohnungen vorgeschlagen, die sowohl für neue als auch für bereits bestehende Mietverträge gelten soll. Eine Ausnahme soll jedoch für Neubauten gelten. Der Mietendeckel soll zeitlich auf 5 Jahre beschränkt werden und ausschließlich in Gebieten gelten, die „besonders stark belastet sind“. Um welche Gebiete es sich dabei konkret handelt, müsse allerdings noch ermittelt werden.
Die Einführung eines „Berliner Mietendeckels“ wird aktuell nicht nur im Hinblick auf seine politische Sinnhaftigkeit und seine konkrete Ausgestaltung kontrovers diskutiert. Im Fokus der rechtlichen Debatte steht insbesondere die Frage, ob der Berliner Landesgesetzgeber überhaupt dafür zuständig ist, ein solches Regelungsinstrument einzuführen oder hier dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht.
Die Berliner SPD behauptet in einem Vorschlagspapier zum „Berliner Mietendeckel“, dass die Gesetzgebungskompetenz „eindeutig beim Landesgesetzgeber liegt“ (abrufbar unter: https://www.eva-hoegl.de/wp-content/uploads/2019/01/Berliner_Mietendeckel_2019_01.pdf). Die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus von Berlin hat ein ausführliches Rechtsgutachten zu dieser Rechtsfrage erstellen lassen (abrufbar unter: https://www.spdfraktion-berlin.de/system/files/mayer_artz_gutachten_mietendeckel_fuer_spd-fraktion.pdf).
Zudem verkündete die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Die Linke) kürzlich, dass die „Kompetenzfrage nunmehr endlich geklärt“ sei (abrufbar unter: https://www.tagesspiegel.de/berlin/entwurf-fuer-mietendeckel-lompscher-will-die-obergrenze/24342294.html).
Im Folgenden wird daher untersucht, inwiefern sich diese Aussagen der Berliner Regierungsparteien mit der juristischen Fachliteratur decken.
2. Der Streit um die Gesetzgebungskompetenz im Falle des „Berliner Mietendeckels“
Die zentrale Frage in der Diskussion um die Gesetzgebungskompetenz ist, ob die Regelung eines Mietendeckels unter den Bereich „des Wohnungswesens“ oder des „sozialen Mietvertragsrechts“ fällt. Handelt es sich um eine Regelung im Bereich des Wohnungswesens, so ist grundsätzlich der Landesgesetzgeber zuständig. Seit der Föderalismusreform haben die Länder im Bereich des Wohnungswesens grundsätzlich die alleinige Gesetzgebungsbefugnis.
Bei dem sozialen Mietvertragsrecht handelt es sich hingegen um einen Teil des „Bürgerlichen Rechts“, das nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in die konkurrierende Gesetzgebung fällt. Hier hätten die Länder nur dann eine Gesetzgebungsbefugnis, „sofern und soweit“ der Gesetzgeber noch nicht selbst von der Möglichkeit der Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. Im Bereich des sozialen Mietvertragsrechts hat dies der Bundesgesetzgeber jedoch ausführlich getan. Die Regelungen über das Mietrecht finden sich in § 535 ff. BGB. Mit der sogenannten Mietpreisbremse (§ 556d BGB) hat der Bundesgesetzgeber zudem eine eigene, differenziert ausgestaltete Regelung zur Begrenzung der höchstmöglichen Miete geschaffen. Eine abweichende Regelung durch den Landesgesetzgeber im Bereich des sozialen Mietvertragsrechts ist damit grundsätzlich nicht (mehr) zulässig.
In der Literatur wird nun die Auffassung vertreten, dass der Mietendeckel als öffentlich-rechtliche Preisgestaltungsregelung unter den Abschnitt des Wohnungswesens falle. Zur Begründung wird vorgetragen, es handele sich um eine Zwangsmaßnahme im Bereich des Wohnungswesens, die nicht an die Vertragsgestaltung anknüpft, sondern lediglich eine starre Grenze aus sozialpolitischen Gründen einführt. Zu empfehlen ist hier z.B. der Aufsatz von Dr. Max Putzer (Putzer, Zur Zuständigkeit der Länder für ein Mietpreisrecht, NVwZ, 2019, S. 283 ff.). Zum gleichen Ergebnis kommt auch das ausführliche Gutachten der Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus von Berlin (s.o.).
Die Gegenansicht geht hingegen davon aus, dass ein Mietendeckel im Ergebnis eine direkte Beeinflussung des Mietvertragsrechts ist und damit (wie die Mietpreisbremse auch) dem Bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. In diesem Fall läge die Gesetzgebungskompetenz beim Bundesgesetzgeber. Der Landesgesetzgeber wäre nicht zum Erlass eines Mietendeckels befugt. Lesenswert ist hier z.B. das Gutachten des ZIA Zentralen Immobilien Ausschusses e.V. (abrufbar unter: https://zia-cloud.de/data/public/c6a1d9).
3. Fazit/Ausblick
Die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz im Falle des „Berliner Mietendeckels“ ist rechtlich hoch komplex, weshalb sicherlich noch zahlreiche Rechtsgutachten erstellt werden. Eine eindeutige Beantwortung der Kompetenzfrage zugunsten des Landesgesetzgebers – wie sie von den Befürwortern einer solchen Regelung behauptet wird – vermag der Unterzeichner jedoch nicht zu erkennen. Bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichts wird daher eine rechtlich unsichere Lage für Mieter und Vermieter bestehen.
Unterstellt man, dass der Landesgesetzgeber über die Gesetzgebungsbefugnis für einen derartigen Mietendeckel verfügt, kommt man zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber (mit der Mietpreisbremse bzw. dem Mietendeckel) auf unterschiedliche Weise Regelungen treffen könnten, die letztlich beide dasselbe Ziel haben: Die Begrenzung der höchstmöglichen Miete zum Schutz der Mieter.
Dies führt zwangsläufig zu der Folgefrage, ob der Mietendeckel im Ergebnis über die Mietpreisbremse hinausgehen kann. Gemäß Art. 31 GG bricht Bundesrecht grundsätzlich Landesrecht. Daraus resultiert, dass der Mietendeckel – selbst wenn eine Zuständigkeit des Berliner Landesgesetzgebers vorliegt – im Ergebnis voraussichtlich ins Leere liefe, da die (bundesrechtliche) Mietpreisbremse den (landesrechtlichen) Mietendeckel im Konfliktfall immer verdrängen würde. Soweit der Mietendeckel nicht über den Regelungsgehalt der Mietpreisbremse hinausgeht, wäre er zwar anwendbar, hätte aber eben auch keine eigenen Auswirkungen auf die zulässige Miethöhe. Losgelöst von der Frage nach der Zuständigkeit sind auch noch weitere verfassungsrechtliche Fragen offen. Insbesondere ist fraglich, ob ein pauschaler Mietendeckel, der starr an die bisher bestehende Miethöhe anknüpft und diese „einfriert“, mit den Grundrechten der Eigentümer/Vermieter vereinbar ist. Ohne hier in eine Detailprüfung eintreten zu wollen, mutet es insofern mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit durchaus fragwürdig an, dass derjenige Vermieter benachteiligt wird, der bisher eine moderate Miete mit seinem Mieter vereinbart hat. Der Vermieter, der bisher alle gesetzlichen Möglichkeiten zur Mieterhöhung ausgereizt hat, wird hingegen bevorteilt. Im Ergebnis wird die Diskussion um den Mietendeckel daher aller Voraussicht nach dazu führen, dass die Vermieter versuchen, die Mieten „noch schnell“ zu erhöhen.